Konditionierte Entspannung ist eine von mehreren Möglichkeiten, wie du deinem Hund in aufregenden Situationen helfen kannst, wieder zur Ruhe zu kommen. Auch wenn konditionierte Entspannung nicht bewirkt, dass dein Hund auf der Stelle in einen Dornröschenschlaf fällt, bringt sie dir trotzdem eine ganze Menge. Ein gut aufgebautes Signal kann dann dafür sorgen, dass dein Hund wieder klarer denken und andere Verhaltensweisen zeigen kann. Hier erfährst du welche Möglichkeiten wir im Training haben, wo du ein Entspannungssignal einsetzten kannst und wie es aufgebaut wird.
Wie funktioniert konditionierte Entspannung?
Wie der Name schon verrät, konditionieren wir Entspannung z.B. mit einem Wort oder einem Duft. Das funktioniert über klassische Konditionierung. Bei der klassischen Konditionierung wird ein neutraler Reiz mit einem unbedingten Reiz, der eine natürliche Reaktion hervorruft, verknüpft. Dadurch erreichen wir, dass aus dem neutralen Reiz ein konditionierter Reiz wird, der auch ohne den unbedingten Reiz die natürliche Reaktion hervorruft.
Heißt in der Praxis, wir verknüpfen ein Wort, einen Duft oder Ähnliches mit entspannten Situationen und Verhalten. Ist das geschafft können wir alleine durch das Signal entspannteres Verhalten bei unserem Hund hervorrufen.
Warum konditionierte Entspannung dein Training verbessert
Das Gegenteil von Entspannt ist Angespannt. In Situationen, in denen dein Hund angespannt ist, werden in seinem Körper Stresshormone freigesetzt. Ist er in der Lage die Situation zu bewältigen oder löst sich die Situation schnell auf, ist die Anspannung nur von kurzer Dauer. Hält die Anspannung an, sorgen verschiedene Systeme im Körper deines Hundes dafür, dass weitere Hormone ausgeschüttet werden. Dein Hund bleibt in Alarmbereitschaft und das Gehirn konzentriert sich nur noch auf die wichtigsten Dinge um die Situation zu bewältigen. Sitz, Platz, auf eine lockere Leine achten etc. gehören meistens nicht dazu. In so einem Zustand handelt dein Hund dann reflexartig und kann quasi nicht mehr klar denken.
Für dein Training ist so ein Zustand ziemlich ungünstig, denn dein Hund lernt dann genau die Verhaltensweisen, die du wahrscheinlich nicht besonders gut findest z.B. andere Hunde/Menschen verbellen. Gelingt es dir deinen Hund wieder in den denkenden Modus zu holen, ist sein Gehirn auch wieder offen für andere Lösungen. Dann kann dein Hund Verhaltensweisen lernen, die aus menschlicher Sicht sinnvoller sind z.B. sitzen und den Menschen anschauen. Und genau diese Möglichkeit bietet dir konditionierte Entspannung.
Wann macht der Einsatz eines Entspannungssignals sinn?
Konditionierte Entspannung ist eigentlich immer sinnvoll aber in folgenden Bereichen/Situationen ist ein Entspannungssignal besonders hilfreich:
- Geräuschängste und Silvester
- Trennungsstress
- Tierarztbesuche
- Probleme beim Autofahren oder bei langen Fahrten
- Umzug/Umgebungswechsel z.B. im Urlaub
- Einzug neuer Familienmitglieder
- Probleme mit Besuchern/bei (Familien)feiern
Wie gesagt, sinnvoll ist es eigentlich immer. Immerhin wünschen wir uns alle einen möglichst entspannten Alltag.
Konditionierte Entspannung – Das Signal
Für die Konditionierung eines Entspannungssignals kannst du ein Wort, einen Duft bzw. eine Duftmischung oder Musik bzw. Hörbücher verwenden. Als Entspannungswort eignen sich Wörter, die du lang ziehen kannst z.B. „eeaaaasssyyy“ oder „ruuuhhiiiiiiigg“. Wenn du lieber, oder zusätzlich, mit Musik arbeiten möchtest, kannst du z.B. eine Relaxopet, klassische Klavier- oder gewöhnliche Entspannungsmusik verwenden. Auch Hörbücher eignen sich um ein Entspannungssignal aufzubauen. Geeignete Düfte sind Lavendel, Rose, Sandelholz oder auch Vanille. Manchmal werden auch Citrusdüfte verwendet. Achte darauf, dass du nur biologische und 100% naturreine ätherische Öle verwendest und dein Hund den Duft als angenehm empfindet. Das kannst du testen, indem du einen Tropfen von dem Öl auf ein Tuch gibst und es deinem Hund präsentierst. Zeigt dein Hund Meideverhalten (siehe Bild), solltest du lieber einen anderen Duft wählen. Ist der passende Duft gefunden, vermische ihn im Verhältnis 1 zu 10 mit einem neutralen Öl (z.B. Sonnenblumenöl oder Rapsöl) und fülle die Mischung in eine Sprühflasche. Für deine Trainingseinheiten sprühst du was von der Duftmischung auf ein Tuch. Natürlich soll nicht nur dein Hund das Signal als angenehm empfinden sondern du auch. Deswegen wähle Musik und Duft immer so aus, dass sie auch dir gefallen und nicht nur deinem Hund.
So baust du ein Entspannungssignal auf
Es ist durchaus sinnvoll zu Dem Entspannungswort auch ein Langzeitsignal in Form von Musik oder Duft aufzubauen. Dafür schauen wir uns zwei Aufbaumöglichkeiten an.
Entspannungswort aufbauen
Setze dich zu deinem Hund auf die Decke oder kuschelt euch zusammen auf euren Lieblingsplatz. Durch streicheln oder Massagen kannst du deinen Hund jetzt in die Entspannung bringen. Ist dein Hund richtig entspannt nimmst du kurz deine Hände vom Hund und sagst dein Entspannungswort in einer ganz normalen Tonlage. Sollte dein Hund sich nicht über Körperkontakt und streicheln freuen bzw. entspannen, kannst du auch einfach in die Nähe deines Hundes gehen und 2-3 Mal hintereinander dein Entspannungswort sagen, wenn er von alleine entspannt. Diese Übung kannst du mehrmals täglich wiederholen.
Entspannungsmusik oder Entspannungsduft aufbauen
Um Musik oder einen Duft mit Entspannung zu verknüpfen, bringen wir den Reiz immer dann ins Spiel, wenn dein Hund entspannt ist. Sobald dein Hund entspannt in seinem Körbchen liegt, schaltest du die Musik ein oder legst den Duft in seine Nähe. Bevor dein Hund wieder aktiv wird, spätestens aber, wenn dein Hund den entspannten Zustand verlässt, wird die Musik ausgeschaltet oder das Tuch mit dem Duft in einem Schraubglas verstaut. Auch diese Übung kannst du jeden Tag wiederholen. Am besten mehrmals täglich über einen längeren Zeitraum.
Alternativ kannst du auch die erste Übung zusätzlich mit Musik oder Duft kombinieren. Das würde dann so aussehen, dass du dich wieder zu deinem Hund setzt, den Duft platzierst oder die Musik einschaltest und ihn in die Entspannung streichelst.
Konditionierte Entspannung als Akku
Du kannst dir dein Entspannungssignal wie einen Akku vorstellen. Über einen langen Zeitraum lädst du ihn mit Ruhe und Entspannung auf und in Situationen, in denen das Signal deinem Hund helfen soll, entlädt sich der Akku wieder ein Stück. Es reicht also nicht einmalig ein Signal aufzubauen. Du musst es immer wieder neu mit Entspannung aufladen und Entspannung zu einem Teil eures Alltags machen.
Du möchtest mehr Entspannung in deinen Alltag bringen und wünschst dir eine Möglichkeit dein Training zu überprüfen? Nutze das kostenlose Trainingstagebuch. Hier findest du auch nochmal eine Schritt-für-Schritt-Anleitung.
Viel Spaß beim Training!
Ich bin Julia, Hundetrainerin aus Leidenschaft und Inhaberin von Adventure-Dog. Individuelles, faires und vor allem gewaltfreies Hundetraining liegen mir sehr am Herzen.
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